Die Schöne Eiche steht knapp 1000 m nordöstlich von Harreshausen, einem Ortsteil von Babenhausen. Bei der Schönen Eiche handelt es sich um eine dendrologische Besonderheit. Es handelt sich um
eine so genannte Knospenmutation der Stieleiche. Und zwar nicht um irgend eine Stieleiche, sondern dem derzeitigen Stand der Wissenschaft nach um die Mutter aller Säuleneichen (
Quercus
robur 'Fastigiata'). Es gilt als gesichert, dass alle in Mittel- und Nordeuropa wachsenden Säuleneichen, wegen ihrer Wuchsform auch Pyramideneiche genannt, von der Schönen Eiche bei
Harreshausen abstammen. Bei der Säuleneiche handelt es sich wohl auch um den am besten dokumentierte Baum in Deutschland. Die Eiche wurde im 17. Jahrhundert im geschlossenen Waldbestand entdeckt
und zieht seit dem Forstleute, Naturwissenschaftler und Laien auf sich. Um 1700 wurde im Auftrag des Grafes Johann Reinhard III. von Hanau ein einzelner, seitwärts strebender Ast, durch seinen
Oberförster mit seiner Büchse abgeschossen. Um 1740 wurde die Eiche schließlich für die Öffentlichkeit bekannt und der Bereich um die Eiche wurde freigeschlagen. Der komplette Wald um die Eiche
herum wurde später zur Gewinnung von Weideland gerodet. Die Schöne Eiche ließ man als sogenannten Überhälter stehen. Die Eiche ist bereits 1761 in einer von Müller gestochenen Übersichtskarte der
Grafschaft Hanau als Schöne Eiche markiert. Die älteste Zeichnung der Schönen Eiche stammt aus dem Jahr 1766. Die Zeichnung zeigt die Eiche bereits komplett freigstellt. Gegen Ende des 18.
Jahrhundert häufen sich die Beschreibungen über die Eiche. Ab 1795 ist dokumentiert, dass regelmäßig Reiser zur vegetativen Vermehrung entnommen wurden. Der älteste auf dieser Weise erzielte Baum
steht heute noch im Bergpark Wilhelmshöhe bei Kassel. Ende des 18. Jahrhundert wurden Samen von der Schönen Eiche in viele europäische Länder verschickt. 1871 wurde die Eiche von einem Blitz
getroffen. Der Botaniker Robert Caspary war 1873 der erste, der die Behauptung aufgestellt hat, dass alle Pyramideneichen in Mitteleuropa von der Schönen Eiche abstammen. Bei einem schweren
Gewittersturm am 27. Juli 1928 hat die Eiche einen Teil ihrer Krone verloren. Die Eiche wurde 1959 zum Naturdenkmal erhoben und 1978 saniert. In Anbetracht des hohen Alters der Eiche ist der
Zustand noch recht gut. Der Stamm ist teilweise hohl und hat auf einer Seite eine Öffnung. Der Stamm geht 8 m senkrecht nach oben, wo ein Kranz von Ästen abgehen. In dieser Höhe ist der
Mitteltrieb abgebrochen. Die verbliebene Krone wird durch seitlich abgehenden Ästen gebildet. Bei der Schönen Eiche handelt es sich um eine der ältesten Eiche in Deutschland. Der Stammumfang der
Eiche wurde in den letzten rund 250 Jahren des Öfteren gemessen. Problem dabei ist, dass in unterschiedlichen Höhen und den verschiedensten Maßeinheiten gemessen wurde. Robert Caspari gibt 1873
einen Stammumfang von 3,14 m, in Brusthöhe gemessen, an. 1940 hat der Stammumfang 3,46 m, gemessen von Richard Immel, betragen. Fröhlich gibt 1984 einen Stammumfang von 3,84 m an. Ich habe
wiederum 2017 einen Stammumfang von 4,23 m gemessen. Seit der Messung von Caspari im Jahre 1873 hat der Umfang jährlich um etwa 0,8 cm zugelegt. Das ist mit das geringste Wachstum einer Eiche in
Deutschland was ich kenne. Und das im Freistand. In den ersten Jahrhunderten ist die Eiche im Bestand aufgewachsen. Richard Immel hat Ende der 1930er Jahre, während seiner Tätigkeit im Forstamt
Babenhausen, mit Hilfe eines schwedischen Zuwachsbohrers zwei Bohrspane entnommen. Je eines auf der Ost- und der Westseite. Das Alter hat man nach Auszählung der Jahresringe dann auf 500 Jahre
bestimmt. Demnach wäre die Eiche heute etwa 570 Jahre alt. Die Umfangsmessungen der letzten 150 Jahre deuten ein ähnliches Alter an.
Entwicklung des Brusthöhenumfangs
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1824
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2,57 m
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0,7 m Höhe, Unbekannt
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1873
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3,14 m
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Robert Caspary
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1940
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3,46 m
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Richard Immel
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1984
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3,84 m
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Hans Joachim Fröhlich
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2017
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4,23 m
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Rainer Lippert
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