Femeiche in Erle

Femeiche in Erle
Femeiche in Erle
Bei der Femeiche handelt es sich wohl um die älteste Eiche in Deutschland. Sie steht auf einer kleinen Wiese neben dem alten Pfarrhaus. Seit April 1994 ist die Eiche zu ihrem Schutz mit einem Zaun umgeben. Das Alter der Eiche kann mit 800 bis ran an die 1.000 Jahren veranschlagt werden. Urkundlich nachgewiesen wurde bis zum 16. Jahrhundert unter der Eiche Femegerichte abgehalten. Damit gilt sie als älteste und bekanntester Gerichtsbaum in Mitteleuropa. Gert von Diepenbrock soll 1441 wegen Schöffenmordes unter der Femeiche verfemt worden sein. Der Stamm ist schon seit mehreren Jahrhunderten hohl. Es gibt in der Literatur zahlreiche Geschichten über die Eiche:
  • Am 26. September 1819 soll der Kronprinz von Preußen, der spätere König Friedrich Wilhelm IV., während einem Manöver in der Erler Heide 36 voll ausgerüstete Infanteristen in der Eiche aufstellen. Vorher soll der Kronprinz mit zwei seiner Generäle in der Eiche an einem gedeckten Tisch ihr Frühstück eingenommen haben.
  • Am 11. Juli 1851 soll der Bischof Johann Georg Müller bei einer Firmung mit seinem Hofkaplan, den Landdechanten und neun Geistliche in der Eiche an einem runden Tisch mit zwölf Stühlen zwei Stunden lang Kaffee getrunken haben.
  • Im Jahr 1897 sollen 40 Mitglieder des Forstvereins aus dem Hohlraum der Eiche ihr Lied Ich schieß den Hirsch im wilden Forst gesungen haben.
1892 erhielt  die Eiche drei Stützbalken. Ohne diese Stützen würde der Baum wohl schon längst umgefallen sein. 1965 wurde die Eiche aufwendig vom Baumchirurg Michael Maurer saniert. 1986/87 wurde die Eiche erneut behandelt. Heute besteht der Stamm nur noch aus zwei getrennt stehenden Stammschalen, die von Holzstützen abgestützt werden. Die Umfangsmessungen gestalten sich schwierig. Der Stamm ist sehr unregelmäßig und besteht nur noch aus Stammschalen. 2020 hat der Umfang in 1,3 m Höhe und waagerecht um den Stamm gemessen 12,35 m betragen. Zum Boden hin wird der Stamm auf einer Seite jedoch dünner. Schräg gemessen, auf einer Seite in Bodennähe, auf der anderen Seite in 1,3 m Höhe, kommt man auf 10,77 m. Dieser Taillenumfang wird für mich zum Brusthöhenumfang. Wäre der Stamm noch vollständig erhalten würde der Stammumfang etwa 14 m betragen. Damit wäre es die dickste Eiche in Deutschland. Die monumentale Eiche hat heute noch eine gut belaubte, halbrunde Krone, die aus wenigen Ästen gebildet wird. Bemerkenswert ist auch, dass die Femeiche weit und breit im Frühjahr als erste Eiche ihre Blätter entfaltet. Die Vitalität der Eiche ist in Anbetracht des zerklüfteten Stammes gut.
Entwicklung des Brusthöhenumfangs
1892 12,50 m Unbekannt
1904 12,00 m Emil Schlieckmann
1909 12,32 m Friedrich Kanngießer
1927 14,00 m Unbekannt
1981 14,00 m Hartwig Goerss
2004 12,21 m Jeroen Pater
2020 10,77 m Rainer Lippert
Ort: Erle
Gemeinde: Raesfeld
Landkreis: Borken
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Höhe: 65 m über NN
Baumart: Stieleiche
Alter: etwa 800 Jahre
Brusthöhenumfang: 10,77 m
Taillenumfang: 8,91 m
Höhe des Baumes: 11 m
Kronendurchmesser: 10 m
Jahr der Messungen: 2020
Femeiche Erle um 1900, Albert Weskamp (1861–1931)
Femeiche Erle um 1900, Albert Weskamp (1861–1931)
Informationstafel
Informationstafel

Femeiche in Erle
Femeiche in Erle

Literatur

  • Jeroen Pater: Riesige Eichen: Baumpersönlichkeiten und ihre Geschichten. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-440-15157-0, Seiten 162-167.
  • Stefan Kühn, Bernd Ullrich, Uwe Kühn: Deutschlands alte Bäume. 7. Auflage, Neuausgabe. BLV Verlagsgesellschaft, München 2014, ISBN 978-3-8354-1224-8, Seiten 36-37.
  • Bernd Ullrich, Stefan Kühn, Uwe Kühn: Unsere 500 ältesten Bäume: Exklusiv aus dem Deutschen Baumarchiv. 2. neu bearbeitete Auflage. BLV Buchverlag, München 2012, ISBN 978-3-8354-0957-6, Seite 174.
  • Anette Lenzing: Gerichtslinden und Thingplätze in Deutschland. Langewiesche K.R., Heiligenhaus 2005, ISBN 3-7845-4520-3, Seiten 110-113.
  • Hans Joachim Fröhlich: Alte liebenswerte Bäume in Deutschland. Cornelia Ahlering Verlag, Buchholz 2000, ISBN 3-926600-05-5, Seiten 130-131.
  • Hans Joachim Fröhlich: Band 4, Nordrhein-Westfalen. In: Wege zu alten Bäumen. WDV-Wirtschaftsdienst, Frankfurt 1992, ISBN 3-926181-18-4, Seite 59.
  • Hartwig Goerss: Unsere Baum-Veteranen. Landbuch, Hannover 1981, ISBN 3-7842-0247-0, Seite 57.
  • Aloys Bernatzky: Baum und Mensch – Mit Beiträgen über Baumchirurgie von Michael Maurer. 2. Auflage. Waltemar Kramer, Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-7829-1045-1, Seiten 154-158.
  • Emil Schlieckmann: Westfalens bemerkenswerte Bäume: Ein Nachweis hervorragender Bäume und Waldbestände. Velhagen & Klasing, Bielefeld 1904, Seite 76.
Letztes Update: 1. Oktober 2020